Soeben ist ganz frisch „Einzelspieler“ erschienen. Dabei handelt es sich um eine verspätete Coming-of-Age-Geschichte, die den dreißigjährigen Ben Winter als Protagonisten hat. Erwachsenwerden ist ja ein Prozess, der niemals so ganz abgeschlossen ist…
Das E-Book ist ab sofort bei allen Distributoren und natürlich bei Amazon erhältlich. Sobald die Printausgabe verfügbar ist, werde ich das an dieser Stelle kundtun!
Niemand mag Wespen, nicht wahr? Die nervige Verwandtschaft der Bienen. Aggressiv, und Honig machen die auch nicht. Was ich heute am frühen Morgen gesehen habe, hat mich trotzdem beeindruckt. Es war noch komplett dunkel, aber im Hof leuchtete die Lampe über der Kellertreppe. Zuerst dachte ich, dass ich im Vorbeigehen den Bewegungsmelder ausgelöst hätte. Aber warum blieb die Lampe an? Nach einer Weile sah ich Bewegungen über dem Sensor (der in der Lampe integriert ist). Das waren irgendwelche Insekten, die teilweise darauf saßen und teilweise drumherum flogen. Es handelte sich ausschließlich um Wespen. Im Sommer hatten wir ein Wespennest unter dem Balkon, das jetzt verwaist war. Dachte ich zumindest. Die übrig gebliebene Wespenpopulation sicherte nachts ihr Überleben, indem sie die Lampe am Leuchten hielt. Denn: Licht bedeutete Wärme, denn die Lampe erhitzte sich durch den Betrieb. Besonders beeindruckend dabei: Die Wespen wechselten sich ab. Wurde eine müde, setzte sie sich in der Nähe an die Wand, und die nächste übernahm den Job. Natürlich werden die Viecher den Winter nicht auf diese Weise überleben. Bis tief in den Oktober sind sie aber durch dieses Teamwork gekommen. Mich beeindruckt das!
Seit einiger Zeit dokumentiere ich meine Leseerfahrung der Serie Dr.Morton in Form kurzer Rezensionen. Mein neuestes Abenteuer ist Band 113 Dr. Morton macht Tote lebendig. Beim Lesen gehe ich nicht chronologisch vor, sondern lese meist abwechselnd einen neuen und dann einen alten Band. Auf diese Weise bleibe ich auch bei den neuen Abenteuern am Ball und kann für mich ganz interessante Vergleiche ziehen.
Die Bände 4 Biedermann und Rauschgifthändler, 5 Mr. Gregory kann nicht sterben und 6 Dr. Morton empfiehlt Selbstmord hatten mir durch die Bank gut gefallen, aber es fehlte mir etwas der ganz eigene Sense of Wonder, der vor allem durch die Betonung der medizinischen Seite der Abenteuer und Dr. Mortons Rolle als Antiheld zustande kommt. Außerdem fehlte mir auch Grimsbys pechschwarze Seite. Aus dem Grund habe ich mich jetzt für Band 113 entschieden und habe es definitiv nicht bereut.
Der Roman verfügt über eine spannende Prämisse: Was, wenn man Herzinfarkttote wieder zurück ins Leben holen könnte? Hinzu kommt, dass relativ viele medizinische Details genannt werden, die durchaus als Erklärung für die o.g. Idee dienen. Permanent existiert eine drängende Spannung, die den Leser von Seite zu Seite blättern lässt. Man will einfach wissen, was als nächstes passiert. Dabei wirkt der Roman wie eine gut geölte Maschine und die narrativen Zahnräder greifen lautlos und unsichtbar ineinander, ohne den Leser mit einer überkomplizierten Handlung zu überfordern. Das war ein richtiges Lesevergnügen!
Politische Korrektheit sucht man bei Dr. Morton vergebens und das ist einfach ein echter „Wholesome-Faktor“. Alleine damit sticht die Serie unter vielen anderen hervor. Der Leser bekommt ehrliche, dreckige Pulp-Kost – keinen veganen Sojaauflauf!
Wenn es kracht, dann meistens richtig und die Figuren verhalten sich, wie ihre Charaktere es ihnen vorgeben. Dennoch bietet der Roman am Ende ebenfalls auch eine Portion Stoff zum Nachdenken. Das geschieht aber völlig ohne erhobenen Zeigefinger, sondern erschließt sich dem geneigten Leser – oder auch nicht.
Band 113: Dr. Morton macht Tote lebendig ist für mich ein Highlight der Serie. Wer immer sich hinter dem Pseudonym John Ball verbirgt, kann auf diese „Sprechstunde“ besonders stolz sein!
Ich lese abwechselnd alte und neue Dr.-Morton-Romane. Nichts als Heroin repräsentiert für mich in dieser Hinsicht den aktuellsten Band, da Band 121, Feuerteufel, eher wie ein neuer Lord-Roman wirkt. Entsprechend gespannt war ich, als ich mit dem Lesen von Nichts als Heroin begonnen habe.
Ich mag auch den anderen Ton der Lord-Romane, aber die klare Struktur und kompromisslose Härte der Morton-Abenteuer gefallen mir noch ein Stück besser. Und genau hier punktet Nichts als Heroin auf ganzer Linie!
Ein Abenteuer wie aus einem Guss: Es entführt den Leser ins England der Siebziger und bewegt sich glaubhaft in diesem Kosmos. Action, Tempo, Morton und Grimsby als ambivalente Titelhelden – ganz großes Kino!
Dr. Morton arbeitet an einem Mittel zur Aggressivitätssteigerung, als ihm eine Idee kommt: Eine bestimmte Zutat fehlt – Heroin. Grimsby und Schwester Barringer sollen den Stoff besorgen. Doch dann kommt alles anders, und die ganze Sache eskaliert völlig.
Das Ganze wird garniert mit genau so vielen medizinischen und anatomischen Details, dass es absolut glaubhaft wirkt. Richtig klasse gemacht!
Ein kleiner Kritikpunkt: Grimsbys Zögern, einen entwaffneten Mafiakiller zu erschießen. Das passte für mich nicht ganz zu seinem Charakter, machte die Szene aber spannender – insofern absolut akzeptabel.
In diesem Roman wird noch einmal alles verdichtet, was für mich typisch Dr. Morton ist. Deshalb: Kaufen, lesen, genießen!
Da isser: Mein neuer Zamorra. Es geht weiter in der Transferdimension und mit dem Krieg gegen die Nekroindianer. Doch das ist noch längst nicht alles, denn inmitten des Krieges taucht ein geheimnisvolles Artefakt auf. Wer auf „Weird Western“ oder klassischen Gruselwestern steht, sollte hier mal einen Blick reinwerfen.
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Void Rivals 1.Band: Die Verschwörung von Robert Kirkman, Lorenzo De Felici und Matheus Lopes. Erschienen für 18,00 Euro bei Panini Comics.
Da hat Panini Comics ein ganz heißes Eisen im Feuer! In der Serie Void Rivals wird ein Kosmos erschaffen, in dem künftig mehrere Hasbro-Franchises wie beispielsweise Transformers und G.I. Joe gemeinsam angesiedelt werden und miteinander interagieren können. Als Vertreter der Generation X habe ich Transformers lange vor Michael Bays Actionkrachern gekannt und war deshalb sehr gespannt, wie Void Rivals das bewerkstelligen möchte.
Void Rivals 1: Die Verschwörung ist zuerst mal kein dünnes Comicheftchen, sondern kommt mit satten 144 Seiten daher. Die Zeichnungen erinnerten mich an eine Mixtur der typischen Achtziger Comics, wie sie dereinst vor allem von Marvel und Condor in Deutschland populär gemacht wurden und modernen Comics, wie sie heute verbreitet sind. Dabei findet sich keinerlei Tristesse, wie sie woanders durch den übermäßigen Einsatz von digitalisierten Colorisierungen entsteht.
Die Handlung beinhaltet sowohl langsame, psychologisch tiefe Momente als auch Action pur, so wie das im Idealfall auch sein soll. Aber worum geht es überhaupt?
Irgendwo tief draußen in der Galaxis wütet ein langer Kampf zwischen den hochtechnologisierten Völkern der Agorrianer und der Zertonianer. Bis auf den Krieg gibt es offiziell keinerlei Austausch oder Kontakt zwischen den beiden Völkern. Das ändert sich, als zwei verfeindete Kampfpiloten auf einem Planeten im nichtkartografierten Raum abstürzen. Beide Raumschiffe sind stark beschädigt und die Piloten werden vor die Wahl gestellt: Sollen sie sich weiter bekämpfen, um dann letztlich zusammen im Exil zu sterben oder kooperieren sie, damit sie eine Überlebenschance haben und vielleicht sogar zurück in die Heimat kommen?
Das erinnerte mich anfangs etwas an Wolfgang Petersens Science Fiction-Perle Geliebter Feind (Enemy Mine) mit Dennis Quaid und Louis Gosset Junior, bekommt aber noch eine ganz andere Komponente. Schließlich trägt Band 1 nicht umsonst den Titel Die Verschwörung…
Die beiden Kampfpiloten werden beide mit glaubhaften Biographien und individuellen Eigenschaften ausgestattet, so dass sie authentisch agieren und damit für den Leser interessant werden und auch bleiben – Stück für Stück wird mehr über die Protagonisten und ihre Motivation enthüllt.
Mit dem Handdroiden des agorrianischen Piloten gibt es noch eine kleine „dritte“ Hauptfigur, die mich durch gelungene Situationskomik gut unterhalten hat. Die Idee ist natürlich nicht neu, wurde Z.B. auch in Venom genutzt, wenn sich der Parasit mit seinem Wirt unterhält. Trotzdem hoffe ich, dass dieser Sidekick noch etwas im Laufe der Serie dabei ist.
Der Band endet nicht direkt mit einem Cliffhanger, dennoch aber mit einer Situation, die mich definitiv dem nächsten Band entgegenfiebern lässt.
Zusatzinformation für Eltern: Mein Neunjähriger hat den Band ebenfalls gelesen und wurde gut unterhalten. Lediglich im späteren Verlauf der Geschichte brauchte er etwas Unterstützung beim Verständnis. Die angegebene Altersempfehlung von 12 Jahren halte ich für zutreffend. Problematische Gewaltdarstellung ist jedoch nicht enthalten.
Void Rivals: Die Verschwörung ist ein sehr gelungener Auftakt in einem völlig neuen Kosmos, in dem künftig zahlreiche weitere Abenteuer stattfinden werden. Wunderbar, dass Panini Comics auch deutschen Leser den Zugang in einer hervorragenden Übersetzung ermöglicht!
Ich hoffe, dass vielleicht (das hierzulande nahezu unbekannte) G.I. Joe durch die hervorragenden Void Rivals vielleicht etwas populärer wird. Als kleiner Junge hatte ich zum ersten Mal mit einem C64 Spiel im G.I.Joe-Kosmos Kontakt und hoffe seit dem auf eine deutsche Übersetzung der Comicserie von Larry Hama. Vielleicht wäre das ja auch eine tolle Sache für den Panini Comics?
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Herzlichen Dank an Panini Comics für das Rezensionsexemplar!
Nach der Lektüre von Dr. Morton Band 121 wurde mir klar, dass ich noch etwas Nachholbedarf hatte – insbesondere in Bezug auf Sir Edward und seinen Assistenten Rob Jones. Also griff ich zu Band 80 der Neuausgabe, denn dort treten die beiden erstmals auf. Kein Wunder: Es handelt sich hierbei um Band 1 der Erstausgabe von Mortons Schwesterserie Der Lord.
Die Lektüre hat meine Wissenslücken restlos geschlossen. Keine Fragen blieben offen, und gegen Ende tritt sogar Sir Douglas, die graue Eminenz der Serie, in Erscheinung – eine Figur, die der Reihe weiterhin treu bleibt.
Wer auch immer hinter dem Pseudonym John Ball steckt: Mit Das gespaltene Ich ist ihm erneut ein echter Volltreffer gelungen. Der Roman ist stilistisch aus einem Guss, lässt sich flüssig lesen und passt absolut stilecht in den Serienkosmos. Kurzum: Er macht richtig Spaß.
Wie schon beim zuvor von mir gelesenen Band 121 (Feuerteufel) handelt es sich auch diesmal um einen handwerklich sehr sauber erzählten Kriminalroman – angereichert mit einer ordentlichen Portion typischer „Morton-Vibes“. Besonders gut gefallen hat mir die „Arbeitsteilung“ zwischen Dr. Morton und Sir Edward beim Showdown: Als Sir Douglas und Sir Edward mit ihren Möglichkeiten am Ende sind, übernehmen kurzerhand Dr. Morton und William Grimsby die Bestrafung des Oberbösewichts – ein schöner dramaturgischer Kniff.
Ergänzend zu meiner Leseempfehlung möchte ich auf die Lord-Bände hinweisen, die in der Neuausgabe von Dr. Mortonenthalten sind. Eine vollständige Titelliste findet sich unter anderem im Onlinemagazin Zauberspiegel oder auch bei Wikipedia.
Klasse, dass die ehemaligen Lord-Bände auf dem Cover kenntlich gemacht werden – durch einen gut sichtbaren Button. Das macht das gezielte Lesen deutlich leichter.
Mein Fazit: Wer sich auch nur im Entferntesten für Heftromane interessiert, sollte Sir Edward alias Lord Mullion auf jeden Fall eine Chance geben!
Vor einiger Zeit habe ich ja mit dem Lesen (und Rezensieren) der Serie Dr. Morton begonnen. Mich hatte das eigenwillige (und sehr interessante) Coverdesign schon länger angesprochen, und die andauernde Kritik an der Serie war schließlich der Auslöser, mal selbst reinzulesen.
Wie in den damals entstandenen Rezensionen nachzulesen ist, hat mir mein Einstieg sehr gut gefallen. Bedingt durch berufliche Gründe kam es aber zu einem Break, da ich mich in andere Projekte einlesen musste. Vergessen habe ich die Serie nie – nur etwas nach hinten geschoben.
Vor Kurzem sah ich dann auf Facebook ein Posting, das das Erscheinen der neuesten Dr. Morton-Bände bekannt gab. Da staunte ich nicht schlecht, denn mittlerweile ist die Serie bei Band 121 angekommen. Da packte mich einmal mehr die Neugierde. Was wohl in der Zwischenzeit in der Serie passiert war?
Also kaufte ich mir Band 121 mit dem Titel Feuerteufel und begann zu lesen. Darüber, dass mich dabei ein regelrechter Schock ereilte, möchte ich in dieser Rezension schreiben.
Wie am Titel schon zu erahnen ist, geht es in diesem Abenteuer um eine Serie von Brandstiftungen, die London heimsuchen. Chefinspector Walter Maugham von Scotland Yard sitzt ganz schön in der Klemme, denn seine Ermittlungen greifen nicht. Sein hämischer Kollege Quester sitzt ihm ganz schön im Nacken, und auch die Presse macht Druck. Wie gut, dass der Chefinspector auf die Hilfe von Dr. Morton und seinem Team setzen kann …
So viel zur Story. Jetzt zu meinem Kulturschock:
1.) Ausgerechnet Dr. Morton hilft dem Yard?! 2.) Dr. Morton hat neben Grimsby und Schwester Barrington noch ein ganzes Team?
Das wollte ich natürlich klären, zumal auch Dr. Morton und William Grimsby mir seltsam verändert vorkamen. Was ist da los im Morton-Kosmos?
Eine kleine Recherche führte mich zurück in die Historie der Geschichte, genauer gesagt in die Zeit ihrer Erstauflage. Dr. Morton war zu dieser Zeit sehr kontrovers, und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indizierte fleißig Abenteuer unseres Lieblingsmediziners. Der Verlag musste also etwas tun. Zu dieser Zeit startete dann die Schwesterserie Der Lord, die im gleichen Kosmos wie Dr. Morton spielt. Zwischen beiden Serien gab es starke Verflechtungen, was letztlich zu einem völlig transformierten Dr. Morton führte.
Wer diesen Schritt nachvollziehen möchte, dem sei besonders Band 80 Das gespaltene Ich der Neuausgabe von Dr. Morton ans Herz gelegt – dort wird dann nämlich Sir Edward eingeführt.
Wenn man um dieses Detail der Serienhistorie weiß, kann man über einen Großteil der Kritik an der Serie nur irritiert den Kopf schütteln. Die vielmals vorgebrachten Argumente wie „Gewaltporno“ o. Ä. verpuffen völlig, wenn man mal einen der Romane nach der Neuausrichtung der Serie liest (das tun sie sowieso, wie ich in meinen früheren Rezensionen dargelegt habe – was ich hier aber nicht zum Thema machen möchte).
Aber was erwartet den Leser nun in Band 121 Feuerteufel? Am ehesten würde ich das Setting als eine Art Die Zwei (Serie mit Roger Moore und Tony Curtis) und Mit Schirm, Charme und Melone bezeichnen: ein temporeiches Krimiabenteuer im London der Siebziger.
Besonders haben mir die profunden Ortsbeschreibungen Londons zu dieser Zeit gefallen. Es fühlte sich zu 100 % so an, als wäre man mit bei der Hatz durch London unterwegs. Langweilig war das Ganze nie. Ein rundherum solides Abenteuer, das mich sehr gut unterhalten hat. Der Autor zeigte dem Leser, was das Team um Dr. Morton alles für Möglichkeiten hatte – was aber in die Handlung perfekt eingebettet war und diese mit vorantrieb.
Wer auch nur irgendeine Zuneigung zu Pulp, Heftromanen oder klassischer Männerliteratur hat, kann und sollte bedenkenlos zu den aktuellen Dr. Morton-Bänden greifen. Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass er eine sehr eigenständige und originelle Serie verpasst. Ich finde es eine Schande, dass die Serie so unter ihrem völlig falschen Image leidet!
Was nehme ich von der Lektüre mit? Wie schon zwischen den Zeilen herauszulesen ist, freue ich mich, die Details über dieses Stück lebender Heftromangeschichte herausgefunden zu haben. Dennoch möchte ich an dieser Stelle eine Lanze (auch) für die alte Serie bzw. die Ausgaben der Morton-Neuauflage bis Ausgabe 79 brechen: Ich mag es dunkler, abgründiger und härter. Außerdem gefiel mir die kammerspielartige Atmosphäre, die vor allem durch die Interaktionen zwischen Grimsby und Morton geprägt wurde und nicht so sehr auf ein ganzes „Ensemble“ setzte.
Das ist nur eine Geschmacksfrage. Die Serie bietet für jeden Leser etwas: knallharte und durchaus auch gedankenspielartige Abenteuer der ersten Phase der Serie – und temporeiche, gentlemanartige Abenteuer der zweiten Phase. Es wäre nur schade, sich von den falschen Anschuldigungen vom Lesen abhalten zu lassen!
Beim Erscheinen im Jahr 2008 löste dieses beinahe 1400 Seiten starke Buch einen Aufschrei aus. Kern des Protests war die Empörung darüber, dass der Zweite Weltkrieg und der Holocaust aus der Perspektive eines Täters dargestellt wurden. Und dann war das auch noch ein Mensch aus Fleisch und Blut, kein Dämon: nachvollziehbar und so lebensecht, dass sich der Leser mit ihm identifizieren kann. Maximilian Aue, so der Name des Protagonisten, scheint einer von uns zu sein: aus der Mitte der damaligen Gesellschaft.
Skandale erzeugen Aufmerksamkeit, was den Buchverkauf fördert, also ist das wohl „gut“. Leider nein. Der Skandal tobte, breitete sich aus und verebbte. Damit geriet dieses Buch praktisch ins Vergessen, was ich sehr bedauere.
Man muss es sagen, wie es ist: Die Wohlgesinnten ist ein Meisterwerk – ein Jahrhundertbuch! Vermutlich ist es der perfekteste Roman, den ich je gelesen habe und damit auch in meinem Kanon.
Fangen wir mit dem Profansten an: Jonathan Littell hat einen Rechercheaufwand betrieben, der diesen Namen verdient. Egal, ob es um Details der damaligen Umgangssprache, den Kriegsverlauf, handelnde Personen oder anderes geht: Littell hat alles wasserdicht recherchiert und exakt im Roman verarbeitet. Das alleine ist für mich beispiellos und respektabel.
Die fast 1400 Seiten des Romans sind niemals langweilig, obwohl sämtliche Details penibel recherchiert wurden. Nie hat man das Gefühl, ein belehrendes Lehrbuch in der Hand zu halten. Stets ist die Lektüre fesselnd und man lernt trotzdem extrem viel. Natürlich ist der Roman keine Gute-Laune-Lektüre, dafür ist das Thema einfach zu ernst. Dennoch bleibt der Roman spannend, was für viele Leser möglicherweise auch problematisch sein könnte: Wir sind es schließlich hierzulande gewohnt, dass Berichte aus dieser Zeit stets moralinsauer, spießig und mit erhobenem Zeigefinger daherkommen müssen.
Die Wohlgesinnten konnte vermutlich von keinem Deutschen geschrieben werden, da wir in einer Formneurose gefangen sind, um nur ja nicht respektlos zu erscheinen. Nun, das ist Littell zu keinem Zeitpunkt. Vielleicht, weil er sich permanent auf das Wichtigste konzentriert: als Autor gute Literatur zu erschaffen.
Grundsätzlich handelt es sich um einen Tatsachenroman. Das bedeutet, es handelt sich um einen Roman, der in die realen Geschehnisse dieser Zeit eingebettet ist. Dr. Maximilian Aue hat es niemals gegeben, die Ereignisse, an denen er teilnimmt, sehr wohl. Teilweise arbeitet Littell mit Techniken des postmodernen Romans. Daraus entsteht eine Ästhetik, die ich niemals zuvor erlebt habe. Auch wenn Littell mittlerweile als Autor nicht mehr sehr präsent ist, handelt es sich um einen der großartigsten Autoren unserer Zeit.
Abschließend sind noch Verhandlungen über Politik mehr als lesenswert. Auch hier bewies der Autor Mut und liefert etwas, das Die Wohlgesinnten für sich allein bereits zu etwas Einzigartigem macht.
Die Wohlgesinnten lässt sich mit einem Wort beschreiben: Perfekt. Mehr braucht es nicht, um diesem monumentalen Werk gerecht zu werden. Dennoch kann man natürlich ausholen: Es ist ein extrem transformatives Werk, das den offenen Leser nicht unverändert zurücklässt. Das ist für mich das Kriterium für außergewöhnliche Literatur!
Ich bedaure es immer, wenn ich eine Verfilmung vor der Vorlage sehe. Viel zu gerne mache ich mir selbst ein Bild. Auf diese Weise kann ich mich dann auch viel schöner über die Verfilmung aufregen…
Im Fall von Stand by Me liegt mein letzter Kontakt mit dem Film allerdings schon mehr als zehn Jahre zurück, wahrscheinlich sogar eher zwanzig. Natürlich erinnere ich mich noch an die Grundzüge der Handlung, aber es sind viele Lücken entstanden. Die Zeit, die Novelle endlich zu lesen, war gekommen.
Nein, Die Leiche ist keine Horrorstory. Zumindest gibt es weder Monster noch etwas, das sonst zum klassischen Horror gehört. Stephen King erzählt hier eine wunderbar stimmige Coming-of-Age-Geschichte über vier Jugendliche. Es geht um den Übergang von der Kindheit ins Jugendalter. Auch das kann gruselig sein und bei Stephen King ist es das natürlich.
Gordy, Vern, Chris und Teddy wachsen in den USA der frühen Sechziger auf. Vern belauscht ein Gespräch seines Bruders mit einem Freund, in dem es um einen verschwundenen Jungen geht. Bei einem nächtlichen Ausflug hatte der Bruder zufällig die Leiche entdeckt. Da die beiden mit einem gestohlenen Auto unterwegs waren, konnten sie sich nicht an die Polizei wenden.
Mit dem Wissen über den Fundort eilt Vern zu seinen Freunden. Die sind sofort begeistert, denn wenn sie den toten Jungen als Erste offiziell entdecken, hoffen sie auf Aufmerksamkeit in den Medien. Also erfinden sie für ihre Eltern eine harmlose Geschichte (Zelten im Garten eines Freundes) und machen sich auf den Weg.
Soweit die Rahmenhandlung, die bei Novelle und Film praktisch identisch ist. Regisseur Rob Reiner liefert eine gelungene Verfilmung ab, die als zeitlos gelten kann und vermutlich auch noch in zwanzig Jahren mit Vergnügen geschaut wird.
Die Unterschiede zwischen Film und Vorlage wirken zunächst nebensächlich, doch besonders gegen Ende nimmt sich der Film einige Freiheiten. Diese wirken unnötig, glätten den Stoff aber merklich. Das wäre nicht nötig gewesen.
In der Summe macht der Film die Geschichte deutlich zugänglicher für ein jüngeres Publikum, was aus wirtschaftlicher Sicht sicher sinnvoll war – dem Geist der Vorlage widerspricht das allerdings. Die Leiche ist kein Kinderbuch, sondern richtet sich klar an ein erwachsenes Publikum. Dem Film schadet die weichere Erzählweise allerdings nicht. Und wer über das Gesehene hinausdenken möchte, wird vermutlich ohnehin zum Buch greifen.
Interessanterweise gelingt es dem Film über weite Strecken, mit der größten Stärke der Novelle mitzuhalten: nämlich dann, wenn die Kinder auf existenzielle Fragen stoßen und mit ihnen umgehen müssen, während der Erzähler mit einer gewissen Wehmut zurückblickt. Das erinnert fast schon an das, was später als unzuverlässiges Erzählen beschrieben wird.
Spoiler-Warnung
In den folgenden Zeilen spreche ich über den größten Unterschied zwischen beiden Medien, was eine Offenlegung des Endes unvermeidlich macht. Wer die Novelle und den Film noch nicht kennt: bitte jetzt aufhören zu lesen und erst nach dem Genuss von Buch und/oder Film zurückkommen!
Am Ende kommt es zu der Situation, in der Gordy, Teddy, Vern und Chris eben nicht als gefeierte Helden in den Nachrichten auftauchen. Der Film nimmt das einfach hin, während der Erzähler der Novelle genau darüber nachdenkt. Aus seiner Sicht hätte dieses Erlebnis das Leben der vier Jungen nachhaltig positiv verändern können. Ich teile diese Sicht. In der Psychologie nennt man das den Pygmalion-Effekt. Grob gesagt geht es dabei um die Wirkung positiver Erwartungen. Gerade in dieser Phase ihres Lebens (Wechsel von Grundschule zur Oberschule) hätte ein gewisses Maß an öffentlicher Anerkennung ihnen möglicherweise den Rücken gestärkt.
Wie schon unschwer herauszulesen war, kann ich sowohl der Novelle als auch dem Film einiges abgewinnen. Wenn möglich, sollte man jedoch zuerst die Novelle lesen und dann den Film sehen. Schon allein die Besetzung macht den Film sehenswert: Will Wheaton, River Phoenix, Corey Feldman und Jerry O’Connell zusammen in jungen Jahren. Und hatte ich schon erwähnt, dass auch Kiefer Sutherland mitspielt?
Nein, der Film ist ein echtes Juwel und gehört eindeutig zur Sorte „wird heute nicht mehr gemacht“. Dasselbe gilt für die Novelle: Stephen King war selten besser – jedenfalls nicht in den letzten zehn Jahren, und schon gar nicht auf so konzentriertem Raum wie hier auf nur 256 Seiten.