Serien-Manie und der Tod der Literatur

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Ja, ich bekenne mich schuldig: Ich war TV-Junkie. Das ist lange her, sogar sehr lange. Irgendwann in den frühen 2000er hat mich das Fernsehen weitestgehend als Konsumenten verloren. In dem Satz liegt auch direkt der Grund für meinen Abschied begründet: Seit etwa 2000 schreibe ich regelmäßig. Damit habe ich sozusagen die Seiten gewechselt: Eher mehr in Richtung Kreativität, dafür weniger Konsum.

Was habe ich TV-Serien geliebt: Srar Trek in seinen unterschiedlichsten Facetten, Akte X, MacGyver, Sopranos usw. usw. Und ja, ich habe Ausnahmen gemacht: Game of Thrones habe ich genauso gesehen wie Breaking Bad. The Walking Dead schaue ich sogar jetzt noch – aber in absolut homöopathischen Dosen. Es bleibt halt nicht viel Zeit.

Gleichzeitig explodiert aber das Angebot an Serien immer mehr. Netflix, Amazon Prime, usw. usw. usw. immer neue Dienste werfen ihre Produkte auf den Markt. Und alle finden ihre Abnehmer. „Binge Watching“ ist eher die Regel, also das Durchknallen ganzer Staffeln an einem Wochenende – oder sogar an einem ganzen Tag.

Ein Grund mag sein, dass viele Menschen heute einfach über Freizeit in ungeahnten Mengen verfügen. Diese Freizeit muss gefüllt werden. Gleichzeitig werden Serien gesellschaftlich akzeptiert. Galten sie früher als „bäh“, ist heute das Gegenteil der Fall: Wer hip ist, schaut mindestens fünf Serien gleichzeitig.

Ich erlebe das mit Befremden. Sicher, Star Trek Picard oder Discovery interessieren mich. Andere Serien auch – aber der Tag hat nur 24 Stunden. Wenn ich nicht schreibe, lese ich. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass die Mehrheit der Menschen das wohl anders sieht: sie schauen fern (streamen, Video on demand, bla bla bla).

Hier bahnt sich also langsam aber sicher ein kultureller Zeitenwechsel an: Serien (egal auf welcher Plattform) verdrängen sämtliche anderen Freizeitbeschäftigungen. Gefühlt scheint das sogar auf Computer- und Videospiele zuzutreffen – die bisherigen Platzhirsche, besonders bei den Jugendlichen und Junggebliebenen.

Stirbt deshalb das geschriebene Wort? Natürlich nicht. Lesen wird aber deutlich exklusiver. Wurde vor 20 Jahren noch geradezu mitleidig über die Leser von Heftromanen gelächelt, gehören die Leser von Perry Rhodan, MADDRAX, John Sinclair, oder Dorian Hunter heute zu einem erlesenen Club: den „Lesenden“. Für die Zukunft bedeutet das: Nischen werden überleben. Egal ob „Unterhaltungsliteratur“ oder angebliche „Ernsthafte Literatur“. Der Markt wird jedoch nicht größer, was sich bereits jetzt in einem Trend hin zu bibliophilen Liebhabereditionen, Sammlerausgaben und Franchises verdeutlicht.

Und was bedeutet das für Autoren? Nichts, oder nicht viel! Der Hunger der „Content Industrie“ (vor allem des angesprochenen TV-Serien Molochs) ist gigantisch. Serien basieren auf Scripten, die von Autoren geschrieben werden müssen. Hier dürfte es gerade für uns Deutsche spannend werden, besitzen wir doch einen gigantischen Fundus, der auch für Netflix und Co. als Vorlage für Serien interessant ist: Heftromane. Warum klingt eine Perry Rhodan-Adaption für deutsche Ohren so abwegig? Ich behaupte: Genau das werden wir in der mittleren Zukunft sehen. Und wissen Sie was? Ich like das!